Gemeinschaftswerk oder Konzentrationspunkt: MVZ für Zahnmediziner

Selbstbestimmung, Verantwortung für alles, Universaltalent sein (Medizin, Recht, Steuer, Finanzen, Wirtschaft, Personal, Kommunikation) – versus geregelte Arbeit, nur medizinische Tätigkeit, Organisation vorgegeben – also die Entscheidung zwischen Freiheit oder Freizeit? Die Arbeit im MVZ (angestellt oder als Gesellschafter) kann eine verlockende Alternative sein, um in den Beruf hineinzuwachsen oder selbst Akteur zu werden. Was kann Sinn machen und worauf kommt es an? Erfahren Sie hier im Turbogang dazu mehr.

Gibt es das auch für den Zahnmediziner, ein MVZ?

2015 trat das „Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-VSG) in Kraft. Es fördert fachgruppengleiche Medizinische Versorgungszentren zu gründen. Seitdem entstehen viele neue Strukturen in der zahnmedizinischen Versorgung. Es entstanden rund 800 Z-MVZ, vor allem in Ballungsgebieten.

Gem. § 95 Abs. 1a SGB V ist dies in folgenden Rechtsformen möglich:

  • Personengesellschaft
  • eingetragene Genossenschaft
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Die Besonderheit: Das MVZ besitzt eine eigene vertragsärztliche Zulassung. Die Zulassungen der zahnärztlichen Gesellschafter ruhen also während ihrer Tätigkeit im MVZ. Allerdings muss das MVZ unter einer personellen zahnärztlichen Leitung stehen, was durchaus auch verschiedene im MVZ tätige Zahnmediziner sein können.

Außerdem ist erforderlich, dass am Standort des MVZ mindestens zwei Zahnmediziner tätig sind.

Zahnmedizinische Versorgungszentren – die Vorteile und Nachteile

Es gibt für ein MVZ ganz unterschiedliche Ausprägungen: familiäre, partnerschaftliche, hierarchische, konzernartig geführte, ausbildungsorientierte usw. Es gilt abzuwägen, was das Anstellung bietende MVZ oder die eigene Gründungsidee tatsächlich charakterisieren soll. Freiheit versus Freizeit oder weniger Geld aber weniger Sorgen greift zu kurz, wenn sich ein konkretes MVZ mit selbstständiger Tätigkeit in einer bisherigen Praxisform messen soll.

Pro MVZ

Die Berufsausübung im Angestelltenverhältnis kann verlockend sein. Zwar genießt man in der eigenen Praxis theoretisch jegliche Freiheit, doch Hand aufs Herz: Bedeutet freie Arbeitszeitgestaltung nicht allzu oft einfach open end? Beschäftigungsmodelle im MVZ dagegen können theoretisch mehr Flexibilität im Sinne der Work-Life-Balance bieten, wenn die Arbeit auf mehr Köpfe verteilt wird.

Die Flexibilität bezieht sich auch auf verschiedene Beteiligungsmodelle und die Nachbe-setzung einer freien Zahnarztstelle. Und egal wie oft die Ärzte wechseln, das MVZ bleibt immer das gleiche – zumindest nach außen hin. Das kann aber auch ein Nachteil sein. Der Patient findet zwar dort immer wieder einen, aber kaum dauerhaft seinen Zahnarzt.

Die Organisationsstruktur eines MVZ ermöglicht eine Reihe von Synergieeffekten und Kosteneinsparungen. Die Investitionen in ein professionelles Management und Marketing wird von mehreren Schultern getragen.

Contra MVZ

Mehrere Behandler benötigen natürlich einen größeren Patientenstamm als ein einzelner, was sich nur durch ein umfangreiches Einzugsgebiet gewährleisten lässt. Patienten vermissen möglicherweise die individuelle Betreuung, wenn ein Zahnarzt wechselt, und auch dem Personal kann es schwerfallen, sich mit der Praxis zu identifizieren. Außerdem sind die Organisations- und Kommunikationsanforderungen komplex.

Für Vertragszahnärzte gleichzeitig als Gesellschafter ist der Zusammenschluss in einem MVZ nicht ganz risikolos, schließlich geht ihr Sitz an das Versorgungszentrum über. Ein kritischer Punkt ist auch die Abrechnung: Alle beteiligten Ärzte rechnen wie in einer Gemeinschaftspraxis ab – gemeinsam.

MVZ – in der Praxis zu beachten

Vor der Gründung eines zahnmedizinischen MVZ steht die Einschätzung der Ist-Situation. Zunächst muss der Praxisinhaber entscheiden, ob es aus praktischen, rechtlichen und steuerrechtlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist, die eigene Praxis in ein MVZ umzuwandeln. Ohne kompetente Beratung ist diese Entscheidung kaum möglich.

Wenn das MVZ schließlich als optimale Alternative erscheint, welche Rechtsform ist dann im jeweiligen Fall zu wählen? Personengesellschaft? GmbH? Genossenschaft? Das ist im Einzelfall unter rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu prüfen. Daneben ist das Zulassungsverfahren zu beantragen.

Die Abrechnung im Zahnmedizinischen Versorgungszentrum

Die Abrechnung durch das MVZ erfolgt direkt mit der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung nach den für die Vertragszahnärzte geltenden Bestimmungen.

Die privatzahnärztliche Abrechnung richtet sich nach der Rechtsform des MVZ. Ein MVZ, das als Personengesellschaft betrieben wird, ist bei der Abrechnung privatärztlicher Leistungen an die GOZ gebunden. Bei einer GmbH als juristische Person wird dagegen die GOZ nicht angewendet.

Und wenn wir schon beim Geld sind: Unterschiede gemäß der Rechtsform gibt es auch beim Insolvenzrecht. Bei Zahlungsschwierigkeiten werden Personengesellschaft und GmbH unterschiedlich behandelt. Gegen eine GmbH wird nicht erst bei Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren eröffnet, sondern schon bei einer Überschuldung.

Für wen ist ein zahnärztliches MVZ sinnvoll?

Von der Möglichkeit, ein MVZ zu gründen, machen vor allem große Praxen Gebrauch und solche, die wachsen wollen, aber keine-kapitalbeteiligten (Junior)Partner aufnehmen wollen. Auch für Zahnmediziner, die standortübergreifend tätig sein möchten, kann ein MVZ sinnvoll sein: Statt auf die Genehmigung einer Zweitpraxis angewiesen zu sein, können sie diese in ein MVZ einbringen. Unter Umständen kann ein MVZ auch eine Nachfolgelösung erleichtern. Das neueste Gesetz hat hier aber auch Beschränkungen eingeführt.

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